Also für mich war Drowning die bislang beste Folge der Reihe - und das nicht nur wegen RA.
Das Skript war hervorragend auf die 45 Minuten angelegt, der plot hatte Zeit, sich allmählich zu entwickeln und das in einer ungemein subtilen Art, die den Zuschauer richtig in das Spiel "hineingesaugt" hat. Das war für mich der wohl faszinierendste Punkt an dem Ganzen - man wurde gewissermaßen gemeinsam mit Elly in dieses subtile Spiel aus Halbwahrheiten, Lügen, schönem Schein und doppelten Böden hineingezogen. Man fand sich wie sie zwischen allen Fronten wieder, hin- und hergerissen zwischen den verschiedenen Aussagen, Positionen und kam gleichermaßen mit ihr erst am Schluss zu einem Urteil. Und genau das ist es ja, was ein gutes Stück auch auszeichnet - dass es ihm gelingt, dass der Zuschauer sich mit der Protagonistin identifizieren kann, mir ihr gemeinsam einen Konflikt, eine Entwicklung durchläuft. Das ist hier wirklich hervorragend gelungen.
Man fühlt mit Elly die hilflose Ausweglosigkeit ihrer Situation, wie JM es so treffend formuliert "for the first time of your life, you can't control your own destiny". Und man lässt sich nur zu gern von dem charismatischen Kerl einwickeln, der plötzlich wie der große Held, der Retter in der Not, vor der Tür steht und alle Register zieht, um Elly für sich zu gewinnen. (Voller Einsatz von
und Mimik - der Mann weiß einfach als seducer zu überzeugen!
) Genauso schleichen sich aber auch die ersten Zweifel über ihn ein, denn, wie Elly es auf den Punkt bringt "you always say the right things". Ich kann mich nur wiederholen - ein ganz hervorragendes Skript, das an den richtigen Stellen förmlich die Gedanken der Zuschauer aufgreift und thematisiert.
Und ob man nun will oder nicht, man ist im Folgenden mittendrin in diesem manipulativen Spiel mit doppelten Böden, in dem man nicht so recht weiß, wem man glauben, wem vertrauen darf und kann nur allzu gut nachvollziehen, dass Elly sich an den Satz "people can change" klammert. Denn Ellys Traum ist wohl der Urtraum jedes Menschen - das kleine Glück für einen selbst. Dass dabei die Brille allzu rosarot werden kann und alte Freundschaften zugunsten einer neuer Liebe aufgegeben werden (übrigens ein höchst subtiles "Gegeneinanderausspielen", das da in Gang kommt), das ist beklemmend realistisch. Und wieder einmal - was für ein klasse beobachteter "Verführungstrip" einer Frau, die sich an den Traum klammert, endlich auch einmal das "große Los" gezogen zu haben. Und dabei ihre Vernunft nahezu vollständig über Board wirft.
Bis, ja bis der Moment der Erkenntnis kommt, in dem die Zweifel Oberhand gewinnen und die rosarote Brille mit einem Poltern zu Boden fällt. Der Traum zum Alptraum wird und mit einem Schlag alle Vorhänge beiseite geschoben werden, um die bittere Erkenntnis zu offenbaren - es war alles nur ein schöner Schein.
Und an diesem Punkt der heutigen Folge kommt für mich der vielleicht größte Verdienst der writerin - ihr gelingt es, den plot in einer Weise zu lösen, der weit jenseits der beiden bisherigen Folgen ist, nämlich alles andere als eine idealtypische Konfliktlösung. Genau das hatte mich gestern und vorgestern so latent gestört - dass jede, aber wirklich ausnahmslos jede Figur im Verlauf der Folgen einen wahren Läuterungsprozess durchlief, sich am Ende jeder Protagonist einsichtig zeigte, alles durchwegs positiv und verheißungsvoll erschien. Wenn die Menschen sich im RL in Konfliktfällen tatsächlich alle so verhalten würden, dann hätten wir wohl eine bessere Welt.
Aber Ironie beiseite - ich finde einfach, in dieser Folge wurde der plot weitaus überzeugender, realistischer gelöst. Es gibt kein Happy End im ursprünglichen Sinne.
Die letzte Begegnung, das Aufeinandertreffen von Elly und John im Gefängnis, wird zum besten Dialog der gesamten Folge - eine schonungslose Abrechnung. John zwingt Elly in gewissem Sinne zur Selbstreflektion über ihr eigenes Verhalten (kulminerend in der provozierenden Frage, ob es denn so einen großen moralischen Unterschied in dem Verhalten von ihnen beiden gäbe - sie gäbe Geld aus, das ihr nicht gehöre und das sie nie zurückzahlen könne, außerdem würde sie sich in ihrem vom Drogengeld finanzierten Haus und der Kleidung ja äußerst wohl fühlen, warum also habe sie das Recht, ihm Vorwürfe zu machen, sie hätte damit ja gut gelebt). Er hält ihr eigentlich einen Spiegel vor, stellt ihr Fragen, die sie sich vielleicht selbst nie gestellt hätte, reißt sie in diesem Sinne auch aus ihrer "Opferrolle" heraus, zwingt sie zur Verantwortung.
Aber John selbst ist weit davon entfernt, sein eigenes Verhalten zu bereuen. Nein, aus ihm wird kein reuiger Sünder, der um Entschuldigung bittet. John bleibt auch zuletzt im Gefängnis in gewissen Teilen noch ein Mysterium, ein Mann, bei dem noch manche Frage offenbleibt. Vor allem, was seine tatsächlichen Gefühle für Elly betrifft. Aber er zeigt mit der Überzeugung von "seinem Weg" Profil, er vollzieht keine abrupte Wende, die ihm am Ende die ungeteilte Sympathie oder zumindest das Mitleid der Zuschauer beschert hätte. Obwohl RA es auch an dieser Stelle wieder einmal schafft, eine Figur in der Schwebe zwischen Gut und Böse zu halten. Es sind Momente wie jener, an dem er nach seinem Monolog über sein Dealerdasein leicht den Kopf senkt und leiser sagt "I'm ok with it", an dem man zu grübeln anfängt, über das, was da unausgesprochen zwischen den Zeilen liegt. Und das war wohl auch eine Intention der writerin, dass man am Ende noch über die Motive der Protagonisten ins Nachdenken kommt. Dass nicht alles wie auf einem Tableau präsentiert wird und Raum für Grauzonen bleibt.
Aber es sind gerade solche Punkte, dass John letztlich authentisch bleibt und Elly endlich einmal ihr Verhalten reflektiert und schließlich die Konsequenzen für ihre eigenen Fehler zu tragen hat, die das Ganze so realistisch machen. Es waren nicht zuletzt diese alles andere als schönfärberischen Schlüsse für die einzelnen Figuren, die für mich dieses Drama einfach überzeugend gemacht haben.
Und natürlich hat sich wieder einmal bestätigt, dass RA in solchen ambivalenten Rollen zu seiner Hochform aufläuft.
Hoffentlich auch mal in einem Drama zur Primetime.