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 Betreff des Beitrags: Hat Willoughby positive Seiten?
BeitragVerfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 09:23 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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Vielleicht ist das ein ungewöhnliches Thema, aber nein, es gehört nicht in unseren "Keller".

Ich habe das Problem, daß ich keinen Zugang zu der Figur "Willoughby" finde, weil er mir schlicht unsympathisch ist.
Ich habe sogar für Wickham Verständnis, der es gerade durch die gemeinsame Jugend mit Darcy sicher nicht leicht hatte, und vielleicht deswegen (Darcy ist intelligent und sicher Perfektionist, war vermutlich in vielen Dingen, außer vielleicht reiten und jagen im Vergleich zum Colonel Fitzwilliam und Wickham der Beste) seinen Weg in der "Revolution" suchte, da ich vermute man hat ihm Darcy immer als das strahlende Vorbild vorgesetzt.

Aber hier geht es ja um Willoughby. Mein Problem ist, daß ich für Willoughby keine Entschuldigung für sein Verhalten finde. Ich weiß natürlich, daß JA schreibt, Elinor und Marianne hätten Wickham "verziehen", aber bei diesem Verzeihen geht es darum, daß er seinen Geldbeutel über die Liebe setzt, eine Frau nur ihres Geldes wegen heiratet, was auch Wickham versuchte und überhaupt üblich war, weswegen ja Mitgift zur damaligen Zeit eine große Rolle spielte. Ich finde aber zum Beispiel keine Entschuldigung dafür, daß er Eliza im Stich lässt, einfach sang und klanglos verduftet und auch nicht, in welcher Art er sich von Marianne bzw. ihrer Beziehung verabschiedet.

Ihr würdet mir sehr helfen, wenn ihr mir Gründe nennt, die Willoughby in einem etwas positiveren Licht erscheinen lassen. Ich weiß, JA hat keinen Charakter wirklich "schwarz" gezeichnet, aber außer seiner Bildung (rezitiert Shakespeare) und einem gewissen Charme finde ich nichts positives an Willoughbys Charakter. Gibt es gute Eigenschaften, die ich übersehen oder vergessen habe?

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Avatar: Amelia Darcy (1754-1784)

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Verfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 09:23 


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BeitragVerfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 10:15 
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Matthews spezielle Weinlieferantin
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JA selber schreibt über ihn, dass er sein gutes Aussehen und seine offene Art hat, die ihn sehr sympathisch erscheinen lassen. Bei der Aussprache mit Elinor merkt diese, dass er einen in seinen Bann ziehen kann. Als er weg ist, kann sie die Dinger wieder klarer sehen... Er ist ein Tausendsassa, Everybodies Darling, charmant, talentiert aber eben leider auch unbekümmert, leichtsinnig und geht über Leichen (sinnbildlich gesprochen). Ehrlich gesagt sehe ich ihn und Wickham sehr ähnlich... :juggle:

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BeitragVerfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 11:01 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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Registriert: Mittwoch 28. Juni 2006, 11:57
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Mag sein, daß die "Nebenwirkungen" ähnlich sind, beide sind sie Spieler und leben über ihre Verhältnisse, beide sind sie nicht sehr ehrlich, aber im Gegensatz zu Willoughby lebt Wickham in einer Art Traumwelt (er glaubt tatsächlich daß Darcy ein Ekel ist und Lizzy schon noch drauf kommen wird und vermutlich hält er seine "Lügen" schlicht für die Wahrheit), zudem hatte er von klein auf die Konkurrenz eines Darcy vor Augen. In Wickham sehe ich eher einen Getriebenen, als einen Abenteurer, der auf Kosten anderer lebt. Wickham heiratet Lydia am Ende doch, auch wenn sie trotz Darcys Unterstützung nicht wirklich zu der guten Partie wird, die sich Wickham erhofft hat. Die Frage ist, ob Wickham Lydia heiraten mußte, ihm wirklich keine andere Wahl blieb.

Willoughby hingegen scheint ein Einzelkind aus guter Familie zu sein, der als Erbe seiner ältlichen Tante vorgesehen ist und bereits eigenen Besitz hat, sich aber so hoch verschuldet hat, daß er diesen zu verlieren droht.
Wickham will nicht arbeiten, hat aber kein Geld und trinkt und spielt gern, da sind Schulden vorprogrammiert, aber welche Entschuldigung gibt es für Willoughby? Er verspielt und verschleudert seinen Besitz, stürzt ein Mädchen aus eigentlich gutem Hause (ihre Mutter war mit Brandons Vater vermählt, was wohl eine Geldheirat war, und Brandon selbst kümmert sich um das Mädchen) ins Unglück und lässt sie ohne Geld oder weitere Unterstützung sitzen. Willoughby hatte noch Verwandte, die ihn finanziell und in anderer Weise unterstützen konnten, er war nicht allein auf sich gestellt und er hätte also Möglichkeiten gehabt sich fair zu verhalten, wenn er sich bemüht hätte.

Ist Willoughby zu stolz um Hilfe zu erbitten? Oder ist ihm der Gedanke einfach nicht gekommen, weil ihm Eliza inzwischen lästig war und er sie schlichtweg los sein wollte? Hätte seine Tante in einem ehrlichen Gespräch nicht doch noch eingelenkt und einen guten Rat gefunden? Aber vermutlich hat sie ihrem neffen schon allzu oft aus dder patsche helfen müssen und Willoughbys letzte Aktionen haben das Fass zum Überlaufen gebracht?

Wickham fühlt sich benachteiligt, von Darcy verraten, Willoughby hat keinen anderen, dem er die Schuld an seinem Disaster geben könnte.
Wickham hatte Darcy senior der ihm helfen wollte, wo es seine Eltern nicht konnten, Willoughby kommt aus wohlhabendem Hause, titellosem Landadel und hat immer noch Tante und einen weiteren Verwandten, zu dem er geschickt wird, er steht also nicht allein.

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BeitragVerfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 11:05 
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Austenfan

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Also mir tut Willoughby eigentlich immer leid.
Für mich ist er ein Mensch, der von falschen Vorbildern geprägt wurde, der nie eine Chance im Leben hatte, weil er nie einen Menschen hatte, der sich um ihn gesorgt hat.
Von seiner Veranlagung her wäre er bestimmt ein wunderbarer Mensch geworden und der ideale Mann für Marianne. Aber er hatte schon zu viele schlechte Eigenschaften angenommen, als er sie kennengelernt hat.
Hätte er sich hingegen in Elinor verliebt, sie hätte ihm helfen können, da sie viel charakterfester ist und nicht so leicht vom Weg abzubringen.
Eliza hat er übel mitgespielt, das ist nicht abzustreiten und ich denke, es werden ihm noch andere schlechte Taten zur Last gelegt werden können. Aber ich zweifle stark daran, dass seine Seele schlecht ist.

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BeitragVerfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 11:30 
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Mir ist Willoughby sympathischer als Wickham. Groß begründen kann ich das nicht, ist wohl eher ein Baugefühl.

Aber Caro, ich muss dir widersprechen. Eliza war nicht aus gutem Hause. Sie war das Ergebnis eines Seitensprungs ihrer Mutter. Insofern war sie gesellschaftlich nicht heiratsfähig für Willoughby. Ob er ihr diskret auf die eine oder andere Weise hätte helfen sollen, steht dabei auf einem anderen Blatt. Aber bei seiner finanziellen Situation und seiner charakterlichen Schwäche ist das wohl nicht zu erwarten gewesen.

Ich denke ich mag Willoughby aus 2 Gründen lieber als Wickham:
1. glaube ich, dass er Marianne wirklich liebt, so sehr ihm das möglich ist. Wickham liebt niemanden außer sich selbst. Zu einem förmlichen Abschied, zu dem Wickham gegenüber Lizzy fähig ist (wegen mangelnder Gefühle auf seiner Seite) fehlt ihm einfach die charakterliche Stärke. Aber es soll ja auch heute Leute geben, die per SMS Schluss machen, so ungewöhnlich finde ich das nun nicht.

2. weiß Willoughby, was er für ein Schuft ist. Wenigstens da kann er sein Gewissen nicht betrügen. Wickham dagegen gibt allen anderen die Schuld an seiner Lage (und da stimme ich euch zu, er hält sich wirklich für unschuldig). Und halte ichs mit dem alten Spruch: Einsicht ist der 1. Schritt zur Besserung. Und daran mangelt es Wickham gewaltig.

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Gruß Sonja
"Zwei Dinge sind unendlich: das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." Albert Einstein

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BeitragVerfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 11:55 
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Administratorin im Ruhestand und Tom-Lefroy-Expertin
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Caro hat geschrieben:
...aber im Gegensatz zu Willoughby lebt Wickham in einer Art Traumwelt (er glaubt tatsächlich daß Darcy ein Ekel ist und Lizzy schon noch drauf kommen wird und vermutlich hält er seine "Lügen" schlicht für die Wahrheit), zudem hatte er von klein auf die Konkurrenz eines Darcy vor Augen. In Wickham sehe ich eher einen Getriebenen, als einen Abenteurer, der auf Kosten anderer lebt.


Ich behaupte, Wickham lebt in keiner Traumwelt. Er lügt bewusst, um Darcys Ruf zu schaden, und die Gunst aller Unkritischen zu erwerben, die sich nicht die Mühe machen nachzufragen (kurz: ganz Meryton). Er streut absichtlich Gerüchte --- und er weiß sehr wohl, dass er Lügen erzählt!

Er fühlt nichts für Lizzie, er fühlt nichts für die reiche, junge Erbin, die er sich kurzfristig angeln will, er fühlt nichts für Georgiana Darcy und er empfindet absolut nichts für Lydia, die er doch --- seien wir mal ehrlich --- lediglich als Sexobjekt betracht, und ihre Unwissenheit und Schutzlosigkeit ausnutzt.

Er ist ein Halunke und ich kann absolut KEINE Sympathie für ihn erfinden.

Willoughby kann ich ebenfalls nicht entschuldigen, doch irgendwie kann ich ihm immerhin noch ein klein wenig Sympathie entgegenbringen, aus den beiden Gründen, die Sonja dargelegt hat.

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Es ist besser den Mund zu halten und dumm zu erscheinen, als ihn zu öffnen und jeden Zweifel zu zerstreuen.
(Verfasser (mir) unbekannt --- Angelika meint, es sei Mark Twain... :biggrin: )


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BeitragVerfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 13:12 
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opferbereite Chatteilnehmerin
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Hallo,

also bei solch einem Thema muss ich doch auch mal wieder (nach langer Zeit) meinen Senf dazu geben :wink:.

Also, ich fange mal mit einem wunderbaren Zitat von Chritian Grawe an, das eigentlich alles sagt: "Frank Churchill in Emma ist gedankenlos, aber nicht böse; Wickham in Pride and Prejudie ein Blender, der ein Mädchen verführt, sie aber wenigstens heiratet; John Thorpe in Northanger Abbey ist dummdreist, aber nicht verworfen. Willoughby in Sense ans Sensibility aber ist ein veritabler Schuft." Es geht dann hier noch weiter indem seine "bösen Taten" aufgezählt werden (das spare ich mir an dieser Stelle mal). Diese Meinung teile ich voll und ganz. Er ist der schlimmste von allen "nachteiligen (um nicht das Wort "böse" zu nutzen :wink: ) Helden" und deshalb kann ich ihm einfach keine guten Seiten abgewinnen. Du bist also nicht die Einzige, Caro! :)

Ich denke auch, dass man Willoughby immer im Zusammenhang mit Marianne sehen muss. Dass Jane Austen sie mit ihrem Hang zum Romantischen auf so einen Mann hereinfallen lässt, ist einfach nur bitter. Wieder ein Beweis für die Größe der Autorin!

So, ich muss jetzt leider los. Vielleicht schreibe ich später noch etwas hinzu.
Es war schön, nach langer Zeit mal wieder einen Beitrag zur Diskussion leisten zu können :wink: .
Bis bald,
Lizzy

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"Eine jener Feen, die auf den Wiegen der Neugeborenen thronen, muss die kleine Jane Austen gleich nach der Geburt auf einen Flug durch die Welt mitgenommen haben. Als sie wieder in der Wiege lag, wusste sie nicht nur, wie es auf der Welt aussah, sondern hatte sich schon ihr Reich gewählt. ... So hatte sie bereits mit fünfzehn kaum Illusionen über andere Leute und keine über sich selbst."

Virginia Woolf in " The Common Reader"


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BeitragVerfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 13:23 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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@Alethea
ich glaube, du hast recht. Ich habe ständig einen Satz über Wickham nach der Doppelhochzeit falsch, nämlich auf Darcys vermeintliche Falschheit (aus Georges Sicht) bezogen, nicht auf Wickhams. Zudem hatte ich den Eindruck, daß Wickham bei Lizzy eine Bestätigung suchte, zu erwarten schien, daß sie die Charaktere z.B. Georgiana ebenso einschätze und verwundert schien, dass Lizzy einen anderen Eindruck gewonnen hatte.

Mit der neuen Betrachtungsweise ist Wickham tatsächlich noch schlimmer als Willoughby, weil durch und durch Falsch und ein elender Lügner.

Stellt sich nun noch die Frage ob Willoughbys Einsichten, wie Sonja schrieb, auch zu einer Reifung des Charakters führen, oder ob das nur Lippenbekenntnisse sind. Spielleidenschaft und Verschwendungssucht sind schwer im Zaum zu halten und in Willoughbys Fall fast krankhaft, wenn es ihn fast sein "Magna" kostet.

Ist Willoughby also einfach nur ein kranker, schwacher Mensch, dem man diese Schwächen und damit seine Verfehlungen verzeihen muß, zumal er sie mit Charme und Witz verkleidet? Letztlich hat er ja sogar die vernünftige Elinor ein wenig damit eingewickelt. Ist er das, im Herzen ein guter Kerl, dessen Schwäche sich dem Belzebub ergibt?

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BeitragVerfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 13:56 
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Matthews spezielle Weinlieferantin
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Für mich sind beide gleich "schlecht". Sicher haben sie auch gute Eigenschaften, aber sie denken nur an sich und sonst nichts. Da kommt bei beiden keine Marianne, Eliza, Lizzy oder Lydia an. :nein:

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BeitragVerfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 14:52 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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Wie meinst du das? Marianne und Eliza haben sich Willoughby bedingungslos ergeben. Nun gut, von Marianne wissen wir es nicht, es wird aber vermutet, das da mehr war als nur Händchenhalten, und Eliza hat er sitzengelassen. und Lydia hat sich Wickham offen hingegeben ...
Inwieweit kommen bei den genannten Herren also die Damen nicht an?

Oder wolltest du samit sagen, daß sie sich um die Gefühle der Mädchen bzw. diese selbst keinen Pfifferling scheren?

Nun zumindest Mariannes Zusammenbruch erweckt doch Gefühle und ein gewisses Schuldbewusstsein bei Willoughby, sonst würde er den Besuch nicht wagen und sich Elinor erklären. Ich schätze Willoughby hat genauso wie Edward Herz, Gefühle und Nervenkostüm der geliebten Frau unterschätzt. Und er ist sich im Nachhinein bewußt, für wie wenig er die größte (und vielleicht einzige) Liebe seines Lebens geopfert hat. Nur kann er das Rad halt nicht mehr zurückdrehen. Aber wird er mit diesem neuen Wissen seine Gattin besser behandeln, oder seine Mätressen? Denn daß er seiner Julia nicht treu sein wird, da er sie ja nicht liebt, ist sicher. Wie wird er mit Eliza und seinem Kind umgehen?

Jane Austen sagt ja nur so viel, daß Julia nicht immer missmutig ist, ihm das Leben also nicht zur Hölle macht und daß Willoughby ohnehin die meiste Zeit bei seinen Hobbys wie Pferde- und Hundezucht verbringt und oft an Marianne denkt. Und dennoch war wie Marianne sagt "die Liebe zu ihr nicht stark genug, bzw. kleiner als seine Liebe zum Geld".

Was ich ihm vorwerfe ist eher, daß er, da er wußte wie es um seine Finanzen stand, entweder die Hilfe seiner Verwandten (so denn genügend Kapital vorhanden war) hätte in Anspruch nehmen sollen oder eben von Marianne die Finger hätte lassen sollen. Ich denke, daß er zur Zeit des ersten Kennenlernens bereits seine Fühler nach Julia Grey ausgestreckt hatte, und wissentlich ein Spiel mit Marianne trieb, als er selbst noch nicht ahnen konnte, wie weit er sich selbst verstrickt. Er wollte sie dann zwar heiraten, wie auch Brandon zugesteht, aber Elizas Niederkunft, sein Duell und daraufhin die Verbannung durch seine Tante liessen ihn die Gefahr des Schuldturms schlimmer empfinden als den Verlust der einen großen Liebe und dadurch das Leben mit einer ungeliebten Frau.

Aber die Liebe allein macht ihn mir auch nicht sympathischer. Vor allem den geliebten Menschen auf diese Art zu verletzen, wie einen Fremden zu behandeln! Das ist, als wenn man einem das herz rausreißt!

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BeitragVerfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 14:59 
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Caro hat geschrieben:
Stellt sich nun noch die Frage ob Willoughbys Einsichten, wie Sonja schrieb, auch zu einer Reifung des Charakters führen, ...

Sicher nicht. Aber dennoch gestehe ich ihm mehr zu als bloße Lippenbekenntnisse (vielleicht definieren wir das Wort aber auch unterschiedlich). Allein: der Geist ist willig und das Fleisch ist schwach.

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BeitragVerfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 15:22 
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@Sonja
Okay, du hast mich überzeugt. Man kann bei Willoughby (im Gegensatz zu Wickham) nicht wirklich von Lippenbekenntnissen sprechen, weil er nicht hinterhältig lügt, bzw. falsche Versprechen abgibt, sondern einfach Versprechen nicht einlöst, eben "schwach" ist. Einer von denen, der sagt "ich möchte nicht mehr spielen", das in dem Moment auch so meint, aber nicht durchhält, im Gegensatz zu einem der verspricht, nicht mehr in den Club zu gehen, obwohl er genau weiß, daß er spätestens am Abend wieder am Spieltisch sitzt.

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BeitragVerfasst: Dienstag 12. Juni 2007, 15:36 
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Ja, genauso sehe ich Willoughby. Egal was Herr Grawe meint ;)

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BeitragVerfasst: Mittwoch 13. Juni 2007, 11:28 
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Sonja hat geschrieben:
Caro hat geschrieben:
Stellt sich nun noch die Frage ob Willoughbys Einsichten, wie Sonja schrieb, auch zu einer Reifung des Charakters führen, ...

Sicher nicht. Aber dennoch gestehe ich ihm mehr zu als bloße Lippenbekenntnisse (vielleicht definieren wir das Wort aber auch unterschiedlich). Allein: der Geist ist willig und das Fleisch ist schwach.


Ich bin überzeugt, dass Willoughbys Liebe zu Marianne echte Liebe war --- und die Reue, die er am Ende des Romans vor Elinor zeigt, wahre Reue ist!
Und das lässt ihn in meinen Augen im Vergleich zu Wickham positiver erscheinen --- selbstverständlich NUR im Vergleich!

Grundsätzlich sind beide zu verurteilen!

Natürlich bringt Willoughbys Reue am Schluss niemandem mehr etwas --- aber immerhin fühlt er, wie falsch er sich verhalten hat, während Wickham niemals einsieht, dass er falsch gehandelt hat. DA liegt für mich der Unterschied zwischen den beiden!

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BeitragVerfasst: Mittwoch 13. Juni 2007, 12:12 
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Matthews spezielle Weinlieferantin
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Zumal JA auch andeutet, dass seine Ehe durchaus nicht unmöglich wird (die von Willoughby meine ich!). Er scheint, obwohl er Marianne nie vergisst, doch sein Glück zu finden...oder? Hat er, im Gegensatz zu Wickham, wirklich etwas gelernt?

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Clemens Bittlinger


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BeitragVerfasst: Mittwoch 13. Juni 2007, 12:33 
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Ich glaube das wir Leser ( vor allem wir Leserinnen ) und tatsächlich anfangs auch ein wenig in Will verlieben. Deshalb treffen uns die Enthüllungen im Verlauf der Handlung umso härter und lösen negative Empfindungen aus. Wir fühlen uns alle ein wenig betrogen ;( und deshalb sind unsere negativen Gefühle gegenüber Willoughby viel tiefer, als bei Wickham oder John Thorpe. Letztere durchschaut man ja so ziemlich von Anfang an und lässt sich nie wirklich auf sie ein.
Für mich ist das auch ein Grund dafür, warum wir, gegen jede Vernunft, immer soooo viel Mitleid mit Willoughby haben. Wir haben ihn schließlich alle mal geliebt! :wink: ;D

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... uns hilft kein Gott, uns're Welt zu erhalten...( Karat in "Der blaue Planet")


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BeitragVerfasst: Mittwoch 13. Juni 2007, 13:07 
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Registriert: Mittwoch 28. Juni 2006, 11:57
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Alethea hat geschrieben:
Natürlich bringt Willoughbys Reue am Schluss niemandem mehr etwas ---

Nun ja, immerhin erntet er durch das Gespräch selbst von Elinor ein gewisses Verständnis und es erleichtert auch Marianne nachträglich den Liebeskummer etwas, zu wissen daß sie ihm wenigstens nicht gleichgültig war.

Man könnte es auch so sagen: Er hat zwar ihre Liebe verraten, aber nicht sie selbst! Schließlich trug er sich wirklich mit dem Gedanken ihr einen Antrag zu machen. Und bei seinem schwachen Charakter ist Marianne ohne ihn besser dran.

Stellt euch nur vor, er hätte es als Mariannes Gatte (Liebe hin oder her) mit der Treue nicht so genau genommen, er ist ja nun mal ein schwacher Mensch und anfällig für alle Lustbarkeiten, wie hätte Marianne gelitten! Ihr Nervenkostüm ist ja nun auch nicht eines der stabilsten!

Nein, nein, liebe Jane gut gemacht, aus den beiden durfte nichts werden! :) :ja:

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Ich glaube für Marianne war vor allem das Schicksal von Bess, Elizas Kind, entscheidend, dass sie Willoughby nicht hinterhertrauerte. Da kann man am ehesten den "wahren" Willoughby sehen. Ellinor erkennt ja auch, dass ihr Mitgefühl für Willoughby eher seinem Charme und der ansprechenden Art anzurechnen war und reividiert ihre Sicht vom "armen" Willoughby wieder.

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