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BeitragVerfasst: Mittwoch 11. Juli 2007, 20:19 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Registriert: Mittwoch 19. Oktober 2005, 21:13
Beiträge: 4781
In neueren Biographien kommt ihre politische Einstellung schon zur Sprache, aber selbst da finde ich, wird oft ausführlicher diskutiert, warum diese nicht in ihren Romanen vorkommt, als das es tatsächlich darum selbst geht.
Park Honan ist beispielsweise der Einzige (meines Wissens), der überhaupt auf obiges Buch eingeht bzw. die Stelle im Brief.
Und auch sonst habe ich persönlich zumindest das Gefühl, gezielt danach suchen zu müssen.

Aber vielleicht hab ich bisher auch einfach nur das Falsche gelesen. :wink:

Ich hoffe, ich lehne mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster mit der Vermutung, dass es auch an der "Zielgruppe" liegt, für die diese Biographien/Sekundärliteratur nunmal größtenteils geschrieben werden - die breite Masse der Austen-Interessierten findet es wahrscheinlich spannender, wie die Kleider aussahen und wie ein Ball ablief. :wink:


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Verfasst: Mittwoch 11. Juli 2007, 20:19 


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BeitragVerfasst: Mittwoch 11. Juli 2007, 20:49 
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fußballbegeisterte Administratorin im Ruhestand
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Registriert: Sonntag 23. Oktober 2005, 17:16
Beiträge: 1591
Wohnort: Berlinerin im tiefsten Sachsenlande
Julia hat geschrieben:
Ich hoffe, ich lehne mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster mit der Vermutung, dass es auch an der "Zielgruppe" liegt, für die diese Biographien/Sekundärliteratur nunmal größtenteils geschrieben werden - die breite Masse der Austen-Interessierten findet es wahrscheinlich spannender, wie die Kleider aussahen und wie ein Ball ablief. :wink:

Eine gefährliche These :D. Hm, mir ist das nie so aufgefallen. Ich glaube, bei Maletzke wird es schon mit angerissen und ich habe ihre Briefe gelesen. Von daher... Aber mein Interesse für die Bücher, die sie selber las, ist eher gering, da sie heute und auf deutsch eh nicht zu beschaffen wären.

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Gruß Sonja
"Zwei Dinge sind unendlich: das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." Albert Einstein

Nach der EM ist vor der WM :aetsch:

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BeitragVerfasst: Donnerstag 12. Juli 2007, 12:24 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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Registriert: Mittwoch 28. Juni 2006, 12:57
Beiträge: 6713
Wohnort: Bayern
Aber Jane Austens Romane sind doch nicht unpolitisch! Nun gut, sie greift keinen dramatischen, Weltbewegenden Probleme auf, diskutiert nicht über Weberaufstände, Armut und Kinderarbeit, aber man kann ihre Einstellung sehr wohl zwischen den Zeilen herauslesen. Dass sie über diese Themen nicht geschrieben hat, nun, ihr Prinzip nur über das zu schreiben, was sie kannte, schloß eben dramatische Umstände aus, weil sie diese selbst nie erfahren musste und deshalb glaubte, sie auch nicht ihrem Perfektionismus entsprechend nachempfinden und erzählen zu können.

Aber Tatsache ist, daß sie sich über die höhere Gesellschaft mokierte, weshalb alle Charaktere ab dem Knight (Sir Lucas) oder Baronet (Sir Middleton?) auch wenn sie herzensgut sind, doch ein wenig trottelig daherkommen, zumindest liebevoll spöttisch betrachtet werden.
In diesem Zusammenhang fällt auf (Nein, ich werde jetzt nicht wieder mit meiner Namens-Theorie anfangen!) daß zwei Mitglieder einer aristokratischen Familie zumindest ihren Namen hergaben. Lord Osborne, der auch bei Jane Austen als solcher auftritt, ist eine lachhafte Figur, der seinen Freund, so man ihn so bezeichnen kann, vorschickt um seine Herzensdame zu umwerben. Im wahren Leben heiratet Lord Osborne eine Darcy, die sich den gesellschaftlichen Regeln nicht beugt und der Liebe wegen nach Frankreich flüchtet. Bei Jane Austen ist es Fitzwilliam Darcy, der sich den Konventionen einer angeblich ausgemachten Heirat (und damals haben Eltern ihre Kinder nicht selten tatsächlich im zarten Alter versprochen und Eheverträge aufgesetzt, denen die Kinder entsprechen mussten, wollten sie nicht vor den Kadi gezogen werden und die Familie der Ehrlosigkeit beschuldigen lassen!) und dem angeblich unter seinem Stand heiraten nicht beugen will, der sich seine Gattin eben nicht nach wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Standpunkten aussucht, sondern wie Amelia Darcy (später) der Liebe den Vorzug gibt.

Seien wir einmal ehrlich, es war damals tatsächlich mutig, unter Stand zu heiraten und damit gegen gegen alle heimlichen und bekannten Regeln zu verstossen. Tatsächlich gab es genügend Fälle (wie Lady Catherine androht) in denen solche Ehen den Ausschluss aus der Gemeinschaft und den Abbruch familiärer und freundschaftlicher Beziehungen bedeuteten.

Noch mutiger war es in Lizzys Fall einen Ehemann bzw. Versorgung abzulehnen, in der Hoffnung vielleicht irgendwann auf die Liebe zu treffen! Eine Frau von der Mittelschicht aufwärts, war einfach abhängig davon, zu heiraten um versorgt zu sein. Eine Frau, die sich ihren Lebensunterhalt selbst erarbeiten musste (außer vielleicht als Zofe bei Hofe oder als Gouvernante eines Herzogs), stand ganz unten auf der Leiter, noch unter den Tagelöhnern! Weshalb Jane Austen ja unserer Jane Fairfax dieses (zur damaligen Zeit) bittere Schicksal erspart und eben auch Emma versucht für Harriet den "passenden" Gatten zu finden!

Und auch Colonel Fitzwilliam, der als jüngerer Sohn eines Earls, Lords, zum einen dem gesellschaftlichen Rahmen entsprechend zum Militär geht, damit einerseits seinem Land dient, anderseits die Möglichkeit hat sich seine Sporen (Titel, Reichtum, Karriere) zu verdienen, sich den Collinses und vor allem Lizzy gegenüber als Gentleman zeigt, sie mag, aber respektiert und ihr nicht zu Nahe tritt und aber offen klarstellt, daß er sich den Konventionen beugen wird und bestenfalls eine für den jüngeren Sohn eines Lords passable Gattin ehelichen wird, ohne dabei auf seine eigenen, offensichtlichen Gefühle Rücksicht zu nehmen. Alles in allem auch eine überaus gesellschafts-politische Figur, und durchaus sympathisch geschildert. Man neigt fast dazu, ihn zu bemeitleiden. Zumindest ging es mir so. Ich hatte stets das Gefühl, er hätte sich Lizzy genähert, wenn er (wie Darcy!) den Mut gehabt hätte, sich gegen die Familie und damit gegen die Gesellschaft und den Hof zu stellen.

Daß Jane Austen also einerseits der Liebe den Vorzug gibt, andererseits aber auch eine vernunftbedingte Beziehung gutheisst (sonst hätte sie Charlotte in der Ehe anders beschrieben und eben auch Colonel Fitzwilliam negativer gezeichnet), ist weil eine gesellschaftliche Frage, eben auch eine politische. Die Politik hat ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft, so wie die Gesellschaft die Politik bestimmt.

Und Jane Austen greift in ihren Romanen den beginnenden Wandel in der Gesellschaft auf, eben auch Ehen aus Liebe zu akzeptieren und andererseits die Stände sich vermischen zu lassen, Leistung als erstrebenswert anzuerkennen und erworbenen Reichtum (Admiräle, Colonels etc.) anzuerkennen, wenn schon nicht über ererbten zu stellen.

Sie hat über die verschiedenen Kriege und/oder Auseinandersetzungen vielleicht nicht in dem Rahmen geschrieben, den sich mancher gewünscht hätte, aber es ist doch in allen Romanen spürbar, wes Geistes Kind sie ist, wie man so sagt. Sie war eben keine die polternd auf den Tisch haute und ihre Stimme erhob, sondern die Meisterin der leisen Töne, die nicht minder ins Gewicht fallen.

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Zuletzt geändert von Caro am Donnerstag 12. Juli 2007, 15:51, insgesamt 4-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Donnerstag 12. Juli 2007, 13:49 
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Trotzdem wende ich ein, dass ich Jane Austens Romane primär als Gesellschaftsromane und als nicht wirklich politisch betrachte.

Politische Romane, die diesen Titel verdienen, sprechen politische Ereignisse direkt an. In einer Zeit, in der in Europa die Napoleonischen Kriege wüten und in Amerika der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg tobt, kommt Jane Austens in ihren Romanen völlig OHNE diese Ereignisse aus. Sie bilden zwar den Hintergrund (siehe Persuasion), doch nicht das Wesen ihrer Romane.

Ein Gegenbeispiel wäre hier Thackereys "Vanity Fair", wo die Battle of Waterloo (wenn ich mich recht erinnere) ein ganz zentrales Ereignis bildet, in dem einer der Helden zu Tode kommt.

Natürlich haben der in Jane Austens beschriebene gesellschaftliche Wandel (und auch die leise Kritik an der Gesellschaft) direkt oder indirekt Einfluss auf die Politik der Zeit. Doch ich zögere ein wenig, ihre Romane als "nicht unpolitisch" zu bezeichnen.

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BeitragVerfasst: Donnerstag 12. Juli 2007, 14:32 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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Das ist vielleicht eine Frage der Defintion :)
Jane Austen schrieb keine politischen Romane als solches, da hast du natürlich Recht, aber ich würde ihre Romane deswegen nicht als gänzlich "unpolitisch" bezeichnen. Aber möglich, du hast überhaupt Recht, und sie sind "nur" Gesellschaftskritisch, oder besser gesagt gesellschafts-politisch. :)

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BeitragVerfasst: Freitag 13. Juli 2007, 09:44 
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Ich will nicht behaupten, dass ich Recht habe. :wink:
Es war bisher jedoch mein Eindruck, dass Jane Austens Romane (meiner Meinung nach) erfrischend frei von Politik waren, und sie herrlich und geistreich über ihre Gesellschaftsschicht geschrieben hat...

Es ist aber vermutlich, wie du sagst, wirklich eine Definitionssache. Ich persönlich würde Gesellschaft und Politik eher trennen, wobei natürlich das eine mit dem anderen stets verwoben ist. Trotzdem tauchen in den Romanen niemals tatsächliche, aktuelle Geschehnisse, wie z.B. die Kriege etc. auf. Und ich habe den Eindruck, dass es auch nicht Jane Austens Absicht war, über diese Ereignisse zu schreiben. :nein:

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BeitragVerfasst: Freitag 13. Juli 2007, 10:09 
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Begeistertes Missionierungsopfer
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Registriert: Samstag 27. Januar 2007, 03:03
Beiträge: 1755
Caro hat geschrieben:
Das ist vielleicht eine Frage der Defintion :)
Jane Austen schrieb keine politischen Romane als solches, da hast du natürlich Recht, aber ich würde ihre Romane deswegen nicht als gänzlich "unpolitisch" bezeichnen. Aber möglich, du hast überhaupt Recht, und sie sind "nur" Gesellschaftskritisch, oder besser gesagt gesellschafts-politisch. :)


>gesellschaftskritisch< das trifft es sehr gut, finde ich.

Ich kann nichts Negatives darin sehen , dass JA z.B. kriegerische Auseinandersetzungen ihrer Zeit in den Romanen nicht erwähnt .
Dann müsste ja heutzutage auch jeder Schriftsteller den Irakkrieg o.ä. mit einbeziehen, weil es die Weltlage so verändert hat. :wink:

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BeitragVerfasst: Freitag 13. Juli 2007, 10:11 
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Administratorin im Ruhestand und Tom-Lefroy-Expertin
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Registriert: Mittwoch 14. Juni 2006, 21:11
Beiträge: 3007
Eben das meinte ich mit "erfrischend frei von Politik" --- dadurch sind Jane Austen Romane ja auch so zeitlos und man kann sie heutzutage immer noch mit großem Interesse und Spaß lesen!

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BeitragVerfasst: Sonntag 15. Juli 2007, 14:55 
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Matthews spezielle Weinlieferantin
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Registriert: Donnerstag 29. Juni 2006, 19:47
Beiträge: 6322
Es nimmt doch ihren Romanen nichts, wenn man sie unter diesem Blickwinkel betrachtet. Erfrischend ist echt gut, Alethea!

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Schritte wagen im Vertraun auf einen guten Weg, Schritte wagen im Vertraun das letztlich ER mich trägt, Schritte wagen weil im Aufbruch ich nur sehen kann, für mein Leben gibt es einen Plan.
Clemens Bittlinger


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